Kursnummer | 6022 |
Leitung |
Christos Kalpakidis
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Datum | Samstag, 08.06.2024 10:30–13:30 Uhr |
Plätze | min. 10 / max. 16 noch genügend Plätze frei |
Entgelt | 14,00 EUR 9,80 EUR (ermäßigt) |
Ort |
VHS, Mülheimer Platz 1, Raum 3.56
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Im jährlichen Wechsel sollen sich die Söhne des Ödipus nach dessen Tod die Herrschaft über die Stadt Theben teilen. Doch Polyneikes, als es an ihm ist, verweigert die Übergabe an seinen Bruder Eteokles – es kommt zum Kampf, bei dem sich die Brüder gegenseitig töten. Ihr Onkel Kreon verbietet, den Leichnam des Polyneikes zu bestatten, da er sich den Gesetzen nicht gebeugt habe. Seine Schwester Antigone aber widersetzt sich seinem Urteil. So droht auch ihr der Tod. Unerschütterlich reicht dieser Antigone-Mythos über mehr als zwei Jahrtausende.
Für Hegel stellt Sophokles’ Antigone bekanntlich das größte aller Kunstwerke dar. Kreon und Antigone vollziehen den Standpunkt des jeweils anderen nach, aber können ihm trotzdem nicht nachgeben und verkörpern somit die unausweichliche Dialektik aller menschlichen Beziehungen. Antigone ist anderseits für Heidegger die einzige Person, die als authentisch bezeichnet werden kann. Ihm zufolge ist sie authentisch aufgrund der Art und Weise, wie sie sich zu ihrer eigenen Endlichkeit verhält, was Heidegger ‘Unheimlichkeit’ nennt. Für Jacques Lacan verkörpert Antigone anderseits das Todesbegehren. Da Kreon nicht bereit ist ihr zu verzeihen, ist ihr Ende vorherbestimmt. Trotzdem wählt sie die Selbstaufopferung und erfüllt so den Fluch, der auf ihrer Familie liegt. Für Judith Butler ist vielmehr Antigone ein Beispiel dafür, wie sich familiäre Beziehungen auflösen und damit Geschlechterrollen fraglich werden können. Sie erklärt somit Antigone zur radikalen Figur des Widerstands gegen jegliche hergebrachte soziale Ordnung. Schließlich findet George Steiner im alltäglichen Leben unzählige Wiedergängerinnen der antiken Heldin, Frauen, die sich opfern, um die menschliche Würde zu retten. Im Rahmen dieses Workshops setzen wir uns mithilfe der Philosophie mit diesem faszinierenden Mythos auseinander und lassen wir uns von Antigone inspirieren.